„Wer weiß, wer noch auf diesen Markt schaut”

img_188324.10.2016 – Versicherer müssen „neu denken“, sagt Erika Krizsan. Damit meint die Innovationsexpertin und Buchautorin nicht nur Technologie, sondern auch – und vor allem – die Pflege einer „Innovationskultur“ im Unternehmen. Dies sei erforderlich, um auf dem Markt auch in Zukunft bestehen zu können. Denn: Die „Internetgiganten“ seien in modernen Technologien erfahren und hätten den Versicherungsmarkt durchaus im Blick.

Wenn die Versicherungsbranche nie innovativ gewesen wäre, dann könnte sie die heute für sie alltäglichen Prozesse gar nicht durchführen, stellte Erika Krizsan beim jüngsten „Financial Breakfast“ fest, zu dem der Finanz-Marketing Verband Österreich (FMVÖ) am vergangenen Freitag in Wien eingeladen hatte.

Pauschalurteile, die Versicherungswirtschaft hätte mit Innovation nichts am Hut, lässt Erika Krizsan, die Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Insurance Factory, also nicht gelten. Nichtsdestoweniger sieht sie aber genügend Schrauben, an denen Versicherer heute zu drehen haben.

Versicherer müssen „neu denken“

Versicherungsunternehmen müssten heute „neu denken“, wenn sie weiterhin auf dem Markt bestehen wollen. Krizsan rief in Erinnerung, dass die Konkurrenz nicht schläft: „Die Internetgiganten haben Erfahrung im digitalen Bereich und mit Datenanalyse – und die schauen sich den Markt schon an“.

Dann seien da auch noch die Startups, im Speziellen sogenannte Insurtechs – ein Markt, in den letztes Jahr Analysen zufolge weltweit Investitionen von über zwei Milliarden Euro geflossen sind. Diese Newcomer sind, so Krizsan, flexibel und gehen mit einer Einstellung, „die Welt retten zu wollen“, an ihr Geschäft.

„Wer weiß, wer noch auf diesen Markt schaut“, sagte Krizsan und fügte die Empfehlung an die Versicherungsbranche hinzu: „Sie müssen in Systeme und Mitarbeiter investieren!“

Hin zum „kunden- und datenzentrierten Modell“

In der Versicherungswelt von früher seien dem Geschäft „produktorientierte Modelle“ zugrunde gelegen.

Heute werde hauptsächlich „vermittlerzentriert“ gearbeitet: Im Fokus des Versicherers stehe in erster Linie der Vermittler. Aufgrund dessen seien Dienste wie etwa Portale und Möglichkeiten zu Online-Berechnungen entstanden, sei das Tempo erhöht und verstärkt in Richtung Service gegangen worden.

In Zukunft aber werde es ein „kunden- und datenzentriertes Modell“ brauchen, in dessen Rahmen Angebote sozusagen „aus Kundensicht“ entwickelt werden; Angebote, die die Kunden als attraktiv und individuell auf sie zugeschnitten empfinden.

Daher gelte es zu überlegen, wie die Versicherer ihre Systeme gestalten können, dass sie flexibel genug sind, um diese Kundenbedürfnisse abzubilden.

Nach dem Datensammeln muss das -auswerten kommen

Krizsan sieht die Digitalisierung hier als Chance. Zum einen, um den Kunden auf seiner „Customer Journey“ zu begleiten und ihm „interessante Lösungen“ anzubieten, wobei Krizsan die Stichworte „Omnichannel“ oder auch Echtzeit-Angebote – etwa mit dem Abschluss einer Reisversicherung, wenn man über die Grenze fährt – nannte.

Zum anderen biete die Digitalisierung noch an anderer Stelle eine „Riesenchance“: Ein Blick in die Jobportale zeige, dass dort Berufe wie „Software Engineer“ oder „Data Analyst“ häufig anzutreffen seien. „Das ist die Zukunft“, weist Krizsan darauf hin, dass „nach dem Sammeln der Daten“ schließlich die Frage stehe, wie diese Daten zielführend genutzt werden können.

Was „Big Data“ betrifft, also eben die Auswertung großer Datenmengen, seien in der Versicherungswirtschaft noch veraltete Systeme zu finden. Der Wissensstand müsse hier ausgebaut werden.

img_1886Innovationsdruck in Österreich noch nicht so groß wie anderswo

Nun ist aber Österreich, obwohl es das Internet schon seit ein paar Tagen gibt, nach wie vor kein Land, in dem Online-Abschlüsse boomen – während hingegen in Großbritannien bereits 80 Prozent der Kfz-Versicherungen digital abgeschlossen würden und auch die USA hier weiter seien, wie Krizsan erwähnte.

In Österreich spüre man diesen Innovationsdruck noch nicht; es sei auch denkbar, dass das in nächster Zeit so bleibe – zumal Kunden oft nicht einmal wüssten, bei welchem Versicherer sie überhaupt versichert sind.

Am wichtigsten ist die Innovationskultur

Aus Sicht von Krizsan ist aber der wichtigste Aspekt die Pflege einer Innovationskultur. Technologie biete zwar viele Möglichkeiten; Krizsan führte etwa „Chatbots“ oder die „Blockchain“-Technologie ins Treffen, die mit Geschwindigkeit und hoher Sicherheit punkten will.

Als Beispiel für die Anwendung der letzteren nannte sie eine Versicherung für eine Flugverspätung, die im Schadensfall automatisch Schadenersatz leistet, ohne dass der Versicherte erst eine Schadenmeldung machen muss – die Vorgänge laufen also quasi „im Hintergrund“.

Es komme aber eben nicht allein auf die Technologie an, „sondern auf das ‚Mindset‘“. Hierfür sei ein Umdenken nötig. Ein entsprechender „Spirit“ könne zum Beispiel von Startups in die Versicherer hineingetragen werden, wenn diese miteinander Kooperationen eingehen.

Während in den Versicherungshäusern heute viel Zeit in die Beschäftigung mit dem operativen Betrieb fließe, vermisst sie – buchstäblich – den Raum zur Entfaltung von Kreativität. Innovationsabteilungen, wie es sie in vielen anderen Branchen gebe, finde man in den Versicherungsgesellschaften ebenso selten wie Innovationsmanager. „Aber das kommt.“

Danke Emanuel Lampert für den tollen Artikel! http://www.versicherungsjournal.at/markt-und-politik/wer-weiss-wer-noch-auf-diesen-markt-schaut-17013.php?vc=newsletter&vk=17013

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